Fluatierung Kristallisierung
Betonwerkstein und Naturstein 26.12.04
Fluatierung
wird oft als Möglichkeit betrachtet ein paar Euros mehr zu
verdienen. Der Magna Beratungsservice, der auch oft zur Unterstützung
bei Schadensfällen der Magnakunden angefragt wird möchte
dazu beitragen, daß etwas mehr Klarheit in dem Begriff
"Fluatierung" kommt. Zu oft haben wir im letzten Jahr gut
verlegte Bodenbeläge gesehen, die durch "gut gemeinte"
Nachbehandlungen direkt zum Sanierungsfall wurden. Fast immer auf
Kosten unserer Kunden.
0) Was bedeutet eigentlich "Fluat"
?
Der Begriff "Fluat" leitet sich von Fluor - Silikat
ab. Lt. Chemie - Lexikon werden damit die Salze der Fluorkieselsäure
bezeichnet. Sie sind giftig, wie die eigentliche
Fluorkieselsäure.
Was wird unter dem Begriff alles verkauft
?
Unter diesem Begriff werden allerlei Chemikalien verkauft mit
unterschiedlichsen Inhaltsstoffen und Wirkweisen.
Die bekanntesten
sind:
1. Kristallisierung
Als Fluatierung wurde früher
eine Behandlung von Betonoberflächen mit Fluor - Silikaten
bezeichnet, die heute auch noch als sog. Kristallisation bekannt ist.
Mit Hilfe des Kristallisationsverfahrens wird bei einem
vorgeschliffenem Betonwerkstein, Kalkstein- oder calcitischem
Marmorbelag eine in der Regel geschlossenere, härtere und
glänzendere Oberfläche durch eine chemische Reaktion
zwischen dem Kristallisationsmittel und dem Gestein erzeugt. Die
erzielbare Schichtdicke ist je nach Gestein und Sorgfalt stark
unterschiedlich . Dies erfolgt in Kombination mit einem maschinellen
Poliervorgang mit speziellen Pads .Dabei reagieren die
wasserlöslichen Fluorsilicate des Kristallisationsmittels mit
den Calcium-Mineralen des Marmors. Es bilden sich wasserunlösliche
Magnesium-, Calciumfluoride und Kieselsäure nach der
Reaktionsgleichung:
MgSiF6 + 2 CaCO3 => MgF2 + 2CaF2 + SiO2 +
2CO2
Die in der Fußbodenkonstruktion durch die Verlegung
enthaltene Restfeuchtigkeit aus der Bauphase und die darin gelösten
Stoffe können, wenn überhaupt, in nur sehr geringen Mengen
verdunsten und die verbleibenden Stoffe können Schäden
hervorrufen. Deshalb ist unbedingt ein Meßprotokoll über
die vorhandene Restfeuchte vor einer Kristallisierung (CM) zu
erstellen. Um späteren Schadensforderungen entgegenzutreten ist
die schriftliche Aussage des Chemielieferanten, ab welchem CM - Wert
eine Kristallisierung mit seinem Mittel durchgeführt werden darf
beizulegen.
Bei Hartgesteinen, die keinen Kalkanteil besitzen, wie
z. B. Granit, ist diese Methode wirkungslos.
Dolomitmarmore
(Ariston, Anais) oder Dolomite (Wachenfelder) sind i. d. R. nicht
homogen kristallisierbar, da nur die calcitischen Bestandteile
Raktionen zeigen.
Sogenannte Fachleute behaupten immer mal
wieder, das ein Granit kristallisierbar ist. Nachfragen ergaben das
"Belgisch Granit" bearbeitet wurde. Ihnen war entgangen,
das dieses Material eigentlich ein falsch bezeichneter Kalkstein ist,
den die Belgier mit Petit Granit (kleiner Granit) bezeichnen.
Die
Frage nach der Haltbarkeit ist ein immer wieder aufkommendes
Thema.
In privaten Räumen ist eine Lebensdauer von 5 Jahren
durchaus möglich. Bei gewerblichen Bereichen sollte man
unterscheiden zwischen geringer, mittlerer und hoher Belastung. Die
exclusive Modeboutique ist wie ein Privathaushalt anzusehen. Zu den
am höchsten belasteten Bereichen zählen Ladenlokale, die an
einen Lebensmitteldiscounter vermietet werden oder Kantinen. Dort
kann es durchaus möglich sein, daß die Kristallisierung
bereits nach 2 Wochen erste "Laufspuren" zeigt.
Nicht
abgenutzte Flächen sollten in der Unterhaltsreinigung mit einem
rückstandsfreien Alkoholreiniger gereinigt werden. Mittel, die
Pflegekomponenten für unbehandelte Oberflächen enthalten,
können auf einer derart veränderten Oberfläche zu
Schlieren und unsauberer Optik führen. Der klassische
Seifenreiniger aus dem Gebäudereinigerhandwerk wirkt nicht mehr
richtig. Es kann nach einer Kristallisierung die werkseitige
eingestellte Rutschsicherheit nicht mehr garantiert werden. Eine
Gleitreibmessung berechtigt nicht zu Aussage "Der Boden hat R9"
2. Naßfluatierung / Naßkristallisierung
Das ein
alter Hut mit neuem Namen wieder auftaucht ist an der immer populärer
werdenden Naßfluatierung zu sehen.
Statt mit einem
Fluorsilikat wird i. d. R. "Kleesalz" als Poliermittel
benutzt. Dieses bereits in früher Zeit als Poliermittel benutzte
"Salz" macht salopp gesagt einen Calcium / Kalium Austausch
an der Oberfläche der Steine. Basis ist ein Gemisch aus
Kaliummonooxalat bzw. Kaliumtetraoxalat. Es ist ein feinkristallines
farbloses Pulver, das sich in Wasser auflöst. Betonwerk- oder
Natursteine werden mit Kleesalz poliert, indem das Polierpulver auf
den feucht gemachten Stein oder Polierfilz aufgetragen wird. Kleesalz
ist stark ätzend und toxisch. Es wir heute wieder als "Superneu"
auch unter dem Begriff Nasskristallisierung verkauft.
Inhomogenitäten tauchen sehr schnell in höher
belasteten Bereichen auf und bilden einen unterschiedlichen optischen
Eindruck, sprich die Laufstraßenbildung kann auch nicht
verhindert werden. Auch hier wird die werkseitige eingestellte
Rutschsicherheit beeinflusst.
Ist die Restfeuchte innerhalb der
Konstruktion zu hoch, bzw. der Mörtel noch nicht abgebunden, so
kann es durchaus zu Abplatzungen an den Fugen und dem Belagsmaterial
kommen. Bei etwas ausgewascheneren Fugen kann sich Kleesalz absetzen
und dann an der Oberfläche der Fugen zu Ablösungen oder
Farbveränderungen führen. Wird nicht ordentlich nachgespült
kann trocknendes Polierpulver wieder zu Säureflecken führen.
3. Wachsfluat
Da die Verwendung der vorher aufgeführten
Verfahren einen entsprechenden Aufwand bedeutete, kam man auf die
Idee, Wachse mit Lösemitteln zu vermischen und das unter dem
irreführenden Namen "Wachs - Fluat" zu verkaufen.
Dieses Gemisch soll Pflegeleichtigkeit suggerieren.
Wenn man
niemals reinigt, bleibt das Wachs ewig im Stein. Bei einer
alkalischen Reinigung werden die Wachse langsam wieder entfernt. Auch
bei Verwendung von Alkoholreingern, mit entsprechender Mechanik kann
auf Dauer das Wachs wieder teilweise entfernt werden.
Frisch
gewachste Bodenbeläge sehen nach der Aufpolierung recht gut aus.
Meistens sind aber an der Oberfläche Wachsreste verblieben, die
zu einer hohen Verstrichung führen können. Eine Reinigung
ist relativ schwierig zu prognostizieren, da je nach Wachs und
Intensität unterschiedlichste Nebeneffekte auftreten können.
Hier gilt "probieren geht über studieren". Manchmal
hilft Übergangsweise ein alkalischer Reiniger um die Wachse zu
eleminieren, um danach auf Seifenreiniger oder Automatenpflegemittel
zurückgreifen zu können. Die Beständigkeit des
Betonwerkstein oder des Natursteins gegen die Verlegechemikalien kann
eingeschränkt sein und zu teuren Schäden führen.
Alternativ können Wachsentferner auf Orangenterpenbasis genutzt
werden. Beispielsweise Neomat BMR von Henkel - Ecolab.
Wachsfluate
können die Karbonatisierung an der Oberfläche verhindern
oder indirekt zu einem Verlust der Abriebfestigkeit führen, da
die im Boden vorhandene Restfeuchte incl. der gelösten
Chemikalien nicht mehr austreten kann
Die eingestellte
Rutschsicherheit geht i. d. R. verloren. Da die verwendeten
Lösemittel oft eine Gefährdung darstellen, sind die
Wachsfluate i. d. R. anmeldepflichtig beim SIGEKO (Sicherheits- und
Gesundheitskoordinator) nach Baustellenverordnung. Ebenso ist die
Berufsgenossenschaftliche Vorschrift (BGV D025) unbedingt zu
beachten. Inwieweit und wie lange Lösemittelreste die Umluft
kontaminieren können, ist ebenfalls mit dem SIGEKO abzuklären.
Durch Wachse kann die Oberfläche fast abgedichtet werden.
Durch Feuchte aus der Belagskonstruktion kann das Wachs an der
schwächsten Stelle (Fugen) wieder herausgedrückt werden und
abmehlen. Bei nicht abgeschlossener Hydratation ist eine Verinngerung
der Mörtelfestigkeit möglich. Durch die verwendeten
Lösemittel sind Elastizitätzrückgänge möglich,
da die eingesetzten Polymere zerstört werden können.
4.
Härtefluat
Härtefluate sind weitere Chemikalien, die mit
Fluor - Silikaten nicht zu tun haben.
Salopp ausgedrückt sind
die oft verwendeten Kaliumsilikate (Wasserglas) reine Porenfüller
auf mineralischer Basis. Der Begriff "Härtefluat" ist
irreführend und nicht korrekt. Durch die mineraliengefüllten
Porenräume ändert sich die Abriebfestigkeit nicht aber die
Härte. Die Verkettungen können dabei die Feinbestandteile
vor einer Abmehlung schützen.
Die Dauerhaftigkeit hängt
von der Eindringtiefe und der Abriebfestigkeit des Betonwerkstein
ab.
Man kann davon ausgehen,daß ein Betonwerkstein, der mit
einem Kaliumsilikat behandelt wurde, wie ein normaler Betonwerkstein
gereinigt werden kann.
Bei einigen heute verwendeten
Betonwerkstein ist die Eindringtiefe manchmal sehr klein und der
Nutzeffekt sehr fraglich. Unter Umständen können Alkali
-Kieselsäurereaktionen (AKR) entstehen, die zu einer Zerstörung
der Matrix führen können. Ursache dafür sind chemische
Quellvorgänge.
Die Elastizität der Fugenmaterialien
kann im Bereich der Oberfläche herabgesetzt
werden.
Zusammenfassung
Fluatierungen und deren
Namensverwandten sind i. d. R. ein tiefer Eingriff in die chemischen
/ physikalischen Eigenschaften eines Materials. Ein Hersteller kann
dadurch einen Haftungsausschluß erreichen, da er die Vorgänge
nicht kontrollieren kann. Vor Verwendung von solchen "Fluaten"
ist es sicherer, sich die Freigabe beim Hersteller der Chemikalien
und / oder der Bodenplatten schriftlich geben zu lassen incl. der
"objektbezogenen Verarbeitungsvorschrift". Bei fehlender
Freigabe bleibt dem ausführenden Unternehmen immer noch die
Möglichkeit Bedenken gegenüber seinem Auftraggeber
anzumelden. Da nicht jeder mit der Prozedur nach VOL vertraut ist,
kann es manchmal lohnender sein, seinen Anwalt vor einem potentiellem
Risiko zu konsultieren.
Natürlich sind alle Angaben wie immer
ohne Gewähr und nur der eigene Erfahrungssachstand.
Konfuzius
sprach: "Wenn man seine ganze Kraft auf das Studium von
Irrlehren verwendet, so kann das großen Schaden anrichten."
Name: Herbert
Fahrenkrog E-Mail-Adresse
anzeigen http://www.bau.de/forum/bauwissen/fahrenkrog